Die Adherence and Competence-Skala in der Mentalisierungsbasierten Therapie (MBT)
Eine Adherence-Skala beschreibt das Ausmaß, in dem bestimmte Behandlungstrategien vom Therapeuten wie vorgesehen angewendet werden. Die Competence-Skala hingegen beschreibt die therapeutische Kompetenz des Therapeuten bei der Durchführung der Behandlung. Adherence und Competence können in Forschungsprojekten als Qualitätsmaße zur Beurteilung einer Behandlung nach einem bestimmten Behandlungsverfahren oder einer Behandlungstechnik (hier MBT) gesehen werden.
Wir beziehen uns hier auf die von Bateman et al. (2018, Internet, s.u.) entwickelte Version. Sie will Kliniker und Supervisoren in der Aneignung der therapeutischen Fähigkeiten in Richtung MBT unterstützen.
Die Skala kann hilfreich sein:
- als Fokus zur Diskussion von Therapiestunden
- um zu entscheiden, ob der Therapeut dem MBT Modell folgt
- um zu erkennen, welche Bereiche von MBT gemäß dem Modell berücksichtigt und kompetent umgesetzt werden und welche nicht.
Die Skala kann nur Behandlungsaspekte beschreiben die operationalisierbar sind. Epistemisches Misstrauen, Übertragungs- oder Gegenübertragungsprozesse oder andere Einflussfaktoren können damit nur schwer abgebildet werden.
MBT kann wie folgt charakterisiert werden.
(s. vii Bateman & Fonagy 2016 Übers. J.B.)
Die ältere Scala ist inhaltlich aufgeteilt in zwei Teile: in „Generelle Aspekte“ und in „Hauptbereiche“. Die Teile sind hierarchisch gegliedert. Hierarchisch meint:
Wenn die „Generellen Aspekte“ nicht erfüllt sind, dann ist es nicht MBT!
Ein Beispiel: Die Anregung zur freien Assoziation jenseits von Strukturierung ist keine Technik des Therapeuten nach dem MBT-Modell. Die freie Assoziation mag in manchen Situationen aber durchaus angemessen und fruchtbar sein, nur erfolgt sie eben nicht nach dem Modell.
Es ist unmöglich MBT, weiter einzuschätzen, wenn die Realisierung der beiden Aspekte nicht erfolgt ist.
Die Möglichkeiten die Interventionen sind in der Praxis begrenzt.
- Wenn der Affekt zu hoch ist, kann man die spezifischen mentalisierungsfördernden Interventionen vergessen. Es bleibt dann der Rückgriff auf die basalen Interventionen: Empathisches Validieren, Klarifikation, die Identifikation des prämentalistischen Modus.
- Beschreibung der Affekte geht nur, wenn der Patient mentalisieren kann.
- In einem Nicht-Mentalisierungszustand sind psychologische Beschreibungen immer im Als-Ob-Modus (Pseudomentalisierung) oder hypermentalisierend.
- Mentalisierende Interventionen des Therapeuten dürfen nicht zu weit von den nicht-mentalisierenden Mitteilungen des Patienten entfernt sein, denn sonst ist keine Kommunikation zwischen dem Therapeuten und dem Patienten möglich.
(Bateman, persönl. Mitteilung)
Diese Skala ist innovativ und für die Praxis unter den oben genannten Gesichtspunkten hervorragend geeignet. Die Praktikabilität für Forschungszwecke wird jedoch von manchen Forschern in Frage gestellt.
Inzwischen gibt es eine neuere Version der Skala, die sich nur in der Struktur etwas unterscheidet. Sie findet sich unter Mentalisieren in der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie
Die Skala ist Work in Progress. Das Manual der Skala kann heruntergeladen werden:
https://www.annafreud.org/training/mentalization-based-treatment-training/mbt-adherence-scale
Literatur
Bateman A, Fonagy P (2016) Mentalization-Based Treatment for personality Disorders – A Practical Guide. Oxford University Press , Oxford